Der Evangelium-Kommentar von unserem Pfarrer P. Hermann Sandberger zum 1. Adventsonntag
Mit dem 1. Adventsonntag beginnen wir wieder ein neues Kirchenjahr. Was heißt eigentlich Advent? Das Wort kommt vom Lateinischen „adventus“, das bedeutet Ankunft, da kommt jemand, der eigentlich schon gekommen ist, der am Ende der Zeiten wiederkommen wird, und der auch durch uns in diese Welt kommen möchte. Im Griechischen heißt Advent „Parusia“, das bedeutet nicht nur Ankunft, sondern auch Anwesenheit, begonnene Anwesenheit, begonnene Anwesenheit von Gott selber, der auch durch uns mehr in dieser Welt anwesend sein möchte.
Die Frage ist, wie geht das, dass Gott auch durch uns mehr in dieser Welt anwesend wird? Das geht ja nicht automatisch. Die Texte des Advent, besonders der vier Adventsonntage, helfen uns dabei. Heute beginnt es mit dem Aufruf zur Wachsamkeit: „Wachet und betet allezeit“. Die kommenden Sonntage werden uns adventliche Personen vor Augen geführt, durch die etwas von Gott in diese Welt gekommen ist (Johannes der Täufer und Maria).
Der heutige Text erinnert mich an eine Rufbereitschaft. In manchen Berufen gibt es das, das ist notwendig. Für die, die Bereitschaftsdienst haben, ist es aber nicht immer so angenehm. Von Wien her kenne ich die Rufbereitschaft beim Priesternotruf, die dauert jeweils 24 Stunden. Auch wenn kein Anruf kommt, ich kann vieles nicht wirklich entspannt tun, bis hin zum Schlafen. Nun, die Rufbereitschaft ist zeitlich und auch nur auf einen gewissen Bereich beschränkt.
Die Rufbereitschaft, um die es hier geht, ist meines Erachtens auch begrenzt, zwar nicht zeitlich, aber wohl geht es darum, für das rufbereit zu sein, wo ich gefragt bin, wo ich ganz persönlich gefragt bin. Wo bin ich ganz persönlich gefragt? Ein Bild dafür: eine Gruppe Kinder schreit, eine Mutter hört normalerweise ihr schreiendes Kind aus der Gruppe der anderen heraus.
Wenn ich wachsam bin, höre ich auch aus der Vielfältigkeit des Lebens und der Nöte heraus, wo ich gefragt bin. Das geht aber nicht automatisch.
„Wachet und betet allezeit“, heißt es. Es braucht auch das Gebet, um zu erkennen, was meines ist, wo ich gefragt bin. Mit dem Gebet ist es aber manchmal nicht so einfach. Manche klagen, dass sie oft so zerstreut sind beim Beten oder kaum Zeit finden dafür. Nun, beim Beten, wenn ich mir Zeit nehme, kommt auch so manches hoch: das, was mich gerade beschäftigt, Ängste, Sorgen verschiedenster Art, innere Unzufriedenheit oder innere Unruhe oder etwas aus der Vergangenheit, oder anderes mehr. Beten konfrontiert so auch mit der eigenen Wirklichkeit, mit der eigenen Wahrheit, mit unserer eigenen Bedürftigkeit. Und genau da ist der Punkt, wo Gott uns innerlich wieder berühren kann und möchte.
„Die Menschen werden vor Angst vergehen in der Erwartung der Dinge, ….“
Und da, gerade da, sozusagen am Höhepunkt der Not, kommt ER „mit großer Kraft und Herrlichkeit. Wenn das alles beginnt, dann richtet euch auf und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe.“
Noch ein Wort zum Beten, wenn jemand sagt, er habe keine oder kaum Zeit dazu. Es gibt ja im Alltag immer wieder Wartezeiten, zum Beispiel im Supermarkt, wenn ich vor der Kasse stehe. Ich kann mich ärgern, dass da wieder einige vor mir sind, oder ich kann diese Zeit nutzen, etwa für mein Jesus-Gebet, wo ich mit dem Atem „Jesus Christus“ wiederhole, oder „Jesus, du in mir“ beim einatmen und „ich in dir“ beim Ausatmen. Für mich eine der Möglichkeiten, das Gebet auch im Alltag zu praktizieren. „Wacht und betet allezeit, damit ihr allem, was geschehen wird, entrinnen und vor den Menschensohn hintreten könnt“.
Texte zum 1. Advent-Sonntag
1. Lesung aus dem Buch Jeremia
Jer 33, 14–16
Siehe, Tage kommen – Spruch des Herrn –, da erfülle ich das Heilswort, das ich über das Haus Israel und über das Haus Juda gesprochen habe.
In jenen Tagen und zu jener Zeit werde ich für David einen gerechten Spross aufsprießen lassen. Er wird Recht und Gerechtigkeit wirken im Land.
In jenen Tagen wird Juda gerettet werden, Jerusalem kann in Sicherheit wohnen. Man wird ihm den Namen geben: Der Herr ist unsere Gerechtigkeit.
Zweite Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Paulus an die Thessalonicher
1 Thess 3, 12 – 4, 2
Schwestern und Brüder!
Der Herr lasse euch wachsen und reich werden in der Liebe zueinander und zu allen, wie auch wir euch lieben,
damit eure Herzen gestärkt werden und ihr ohne Tadel seid, geheiligt vor Gott, unserem Vater, bei der Ankunft Jesu, unseres Herrn, mit allen seinen Heiligen. Amen.
Im Übrigen, Brüder und Schwestern, bitten und ermahnen wir euch im Namen Jesu, des Herrn: Ihr habt von uns gelernt, wie ihr leben müsst, um Gott zu gefallen, und ihr lebt auch so; werdet darin noch vollkommener!
Ihr wisst ja, welche Ermahnungen wir euch im Auftrag Jesu, des Herrn, gegeben haben.
Evangelium vom Tag
Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas
Lk 21, 25–28.34–36
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:
Es werden Zeichen sichtbar werden an Sonne, Mond und Sternen und auf der Erde werden die Völker bestürzt und ratlos sein über das Toben und Donnern des Meeres.
Die Menschen werden vor Angst vergehen in der Erwartung der Dinge, die über den Erdkreis kommen; denn die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden.
Dann wird man den Menschensohn in einer Wolke kommen sehen, mit großer Kraft und Herrlichkeit.
Wenn dies beginnt, dann richtet euch auf und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe.
Nehmt euch in Acht, dass Rausch und Trunkenheit und die Sorgen des Alltags euer Herz nicht beschweren und dass jener Tag euch nicht plötzlich überrascht
wie eine Falle; denn er wird über alle Bewohner der ganzen Erde hereinbrechen.
Wacht und betet allezeit, damit ihr allem, was geschehen wird, entrinnen und vor den Menschensohn hintreten könnt!